Posts from — Februar 2017
Die Weiße Rose – Christoph Probst – ein Flugblattentwurf
„Stalingrad! 200 000 deutsche Brüder wurden geopfert für das Prestige eines militärischen Hochstaplers. Die menschlichen Kapitulationsbedingungen der Russen wurden den geopferten Soldaten verheimlicht. General Paulus erhielt für diesen Massenmord das Eichenlaub. Hohe Offiziere haben sich im Flugzeug aus der Schlacht von Stalingrad gerettet. Hitler verbot den Eingekesselten, sich zu den rückwärtigen Truppen zurückzuziehen. Nun klagt das Blut von 200 000 dem Tod geweihten Soldaten den Mörder Hitler an. … Und wollt Ihr euch genauso belügen lassen wie die 200 000 Mann, die Stalingrad auf verlorenem Posten verteidigten? Dass Ihr massakriert, sterilisiert oder Eurer Kinder beraubt werdet? … Heute ist ganz Deutschland eingekesselt wie es Stalingrad war. Sollen den Sendboten des Hasses und des Vernichtungswillen alle Deutschen geopfert werden? Ihn, der die Juden zu Tode martert, die Hälfte der Polen ausrottete, Russland vernichten wollte, ihm, der Euch Freiheit, Frieden, Familienglück, Hoffnung und Frohsinn nahm und dafür Inflationsgeld gab. Das soll, das darf nicht sein! Hitler und sein Regime muss fallen, damit Deutschland weiterlebt!“
Für diesen Flugblattentwurf – es war das siebte – wurde Christoph Probst, der sich noch im Gefängnis katholisch taufen ließ, am 22. Februar 1943 von den Henkern des Nazi-Regimes hingerichtet. Probst war Mitglied der Weißen Rose und junger Vater von drei Kindern.
Februar 20, 2017 No Comments
Thornton Wilder: Die Brücke von San Luis Rey
>>Madre Maria lehnte mit dem Rücken an einem Pfosten; die Kranken lagen in Reihen da, starrten zur Decke empor und versuchten, den Atem anzuhalten. Sie sprach an diesem Abend von all den Vielen draußen im Dunkel (sie dachte an [den toten] Esteban in seiner Einsamkeit, an [die tote] Pepita in ihrer Einsamkeit, die niemand hatten, an den sie sich wenden konnten; von den Vielen, für die die Welt vielleicht mehr als schwer war, für die sie sinnlos zu sein schien. Und diese hier, die in ihren Betten lagen, fühlten, dass sie von einer Mauer beschützt waren, welche die Äbtissin für sie gebaut hatte; hier innen war alles Licht und Wärme, und draußen war die Finsternis, die sie nicht einmal für Befreiung von ihren Schmerzen und vom Sterben eingetauscht hätten. Doch noch während sie sprach, gingen der Äbtissin andere Gedanken durch den Sinn. „Schon jetzt“, so dachte sie, „erinnert sich fast niemand mehr Estebans und Pepitas, als nur ich. Camila allein gedenkt ihres Onkels Pio und ihres Sohnes; diese Frau ihrer Mutter. Bald aber werden wir alle sterben, und alles Angedenken jener fünf wird dann von der Erde geschwunden sein. Und wir selbst werden für eine kleine Weile geliebt und dann vergessen werden.
Doch die Liebe wird genug gewesen sein; alle diese Regungen von Liebe kehren zurück zu der einen, die sie entstehen ließ. Nicht einmal eines Erinnerns bedarf die Liebe.
Da ist ein Land der Lebenden und ein Land der Toten, und die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe – das einzige Bleibende, der einzige Sinn.“<<
Februar 6, 2017 No Comments