Journalistin und Autorin

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Posts from — Januar 2015

George Bernanos: Tagebuch eines Landpfarrers (Auszug 4)

„Doch wie dem auch sei, ihr habt uns dem Staat ausgeliefert. Der Staat, der uns bewaffnet, kleidet und ernährt, nimmt sich auch unserer Gewissen an. Verbot, sich ein Urteil zu bilden, verbot sogar, verstehn zu wollen! Und euere Theologen billigen das, wie es sich gehört. Mit heuchlerischer Miene erteilen sie uns die Erlaubnis zu töten, zu töten, ganz gleich wo und wie, zu töten auf Befehl, wie es der Henker tut. Als Verteidiger des Bodens unterdrücken wir auch den Aufruher, und wenn der Aufruhr gesiegt hat, dienen wir eben ihm. Die Treue wird einem erlassen. Auf diese Weise sind wir Militär geworden. Und so ganz und gar Militär, dass in einer Demokratie, die an jeglicher Art von Kriecherei gewöhnt ist, die Kriecherei der Minister-Generäle sogar bei den Advokaten Anstoß erregt. So sehr und so ganz und gar Militär, dass ein große Mann wie Lyautey diese schimpfliche Bezeichnung stets zurückgewiesen hat. Und bald wird es übrigens auch kein Militär mehr geben. Alle von sieben Jahren an bis Sechzig … alle Was? Alle was eigentlich. … Der Name Armee wird ein leerer Begriff, wenn ganze Völker sich aufeinanderstürzen – die Stämme Afrikas, achwas! – Stämme von hundert Millionen Menschen! Und der Theologe wird zwar immer mehr angeekelt, unterschreibt aber Erlaubnisscheine – ich nehme an Vordrucke, die vom Ministerium des Nationalen Gewissen verfasst sind. Wo soll das, unter uns gesagt, mit euch Theologen noch hinführen? Morgen werden die besten Töter ungefährdet töten dürfen. Dreißigtausend Fuß über dem Erdboden wird irgendein Schweinehund von Ingenieur, mit warmen Pantoffeln an den Füßen, umgeben von Spezialisten, blo0 auf einen Knopf zu drücken brauchen, um eine ganze Stadt zu morden, und wird dann eiligst nach HAuse fliegen, mit der einzigen Sorge, er könne das Mittagessen versäumen. Einen solchen Angestellten wird natürlich niemand einen Soldaten nennen. Gebührt ihm überhaupt die Bezeichnung Militär? Und ihr, die ihr im siebzehnten Jahrhundert den armen Komödianten die geweihte Erde verweigert habt, wie werdet ihr ihn begraben?“

Januar 31, 2015   No Comments

Georges Bernanos: Tagebuch eines Landpfarrers (Auszug 3)

„Und Gott hat sogar gewollt, dass es eine Heilige war. Er hat den alten Ritterbund geehrt. Das nie ausgelieferte, alte Schwert ruht auf Knien, die der Stolzeste der Unsern nur unter Tränen umfangen kann. Wiessen Sie, ich liebe diese zarte Erinnerung an den Turnierruf: ‚Ehre den Damen!‘ Ist das nicht etwas, worüber euere gelehrten Herren vor Ärger grün werden könnten, da sie schon einmal den Weibern nicht grün sind, was meinen Sie?“
(…)
„Was werfen Sie den Männern der Kirche denn vor?“ brachte ich schließlich ziemlich dumm heraus.
„Ich? Nicht viel. Dass sie uns verweltlicht haben. Die erste echte Verweltlichung begann mit dem Soldaten, und zwar nicht erst gestern. Wenn ihr über die Auswüchse des Nationalismus jammert, sollte ihr euch daran erinnern, dass ihr einst mit den Kronjuristen der Renaissance geliebäugelt habt, als sie das christliche Recht in die Tasche steckten und mit zäher Geduld vor eurer Nase und euren Augen den heidnischen Staat wieder aufrichteten, den Staat, der kein andres Recht kennt als sein eigenes Wohl – die unbarmherzigen Vaterländer, die voll Habsucht und Hochmut sind.“
„Hören Sie einmal“, sagte ich, „ich weiß nicht viel von Geschichte, aber ich meine, in der feudalen Anarchie steckten doch auch Gefahren.“
„Sicherlich … Ihr aber habt diese Gefahren nicht auf euch nehmen wollen. Ihr habt die Christenheit unvollendet gelassen: sie bildete sich zu langsam, kostete zuviel und brachte zu wenig ein. Habt ihr nicht übrigens früher euere Basiliken mit den Steinen der Tempel erbaut? Ein neues Recht, wo doch das Gesetzbuch des Justinian noch gültig und greifbar war? … Der Staat, der alles überwacht, und die Kirche, die den Staat überwacht, diese klare und schöne Formel musste euern Politikern doch gefallen. Nur waren wir aber auch noch da! Wir hatten unsere Vorrechte und über alle Grenzen hinaus unsere schrankenlose Bruderschaft. Wir hatten sogar unsere Klöster. Soldatenmönche! Das mochte die Prokonsuln in ihren Gräbern aufwecken, und auch euch war nicht wohl dabei. Soldatenehre, müssen Sie wissen, lässt sich nicht auf die Goldwaage der Kasuisten legen. Da braucht man nur den Prozess der Jungfrau von Orléans zu lesen. ‚Im Namen des bei Euern Heiligen beschworenen Glaubens, im Namen der Treue zu Euerm Lehnsherrn, im Namen der Rechtmäßigkeit des Königs von Frankreich verlaßt Euch auf uns‘, sagten sie, ‚wir werden Euch von allem lossprechen.‘ – ‚Ich will nicht losgesprochen werden‘, rief sie. ‚Dann werden wir Euch verdammen!‘ Da hätte sie antworten können:’Ich werde also mit meinem Eid verdammt werden.‘ Denn unser Gesetz war der Eid. Ihr habt den Eid gesegnet, ihm aber gehören wir an und nicht euch.“

Januar 30, 2015   No Comments

Georges Bernanos: Tagebuch eines Landpfarrers (Auszug 2)

„Die Soldaten von damals gehörten nämlich der Christenheit an, und die Christenheit gehört heute keinem mehr. Es gibt keine mehr, es wird nie mehr eine Christenheit geben.“
„Warum?“
„Weil es keine Soldaten mehr gibt. Ohne Soldaten keine Christenheit. Oh, Sie werden mir erwidern, die Kirche lebt noch, und das sei die Hauptsache. Sehr richtig. Nur wird es kein Reich Christi in der Zeitlichkeit mehr geben. Die Hoffnung auf dieses Reich ist mit uns gestorben.“
„Mit Ihnen?“ rief ich aus. „Es fehlt doch nicht an Soldaten.“
„Soldaten? Nennen Sie das ruhig Militär. Der letzte echte Soldat ist am 30. Mai 1431 gestorben, und ihr habt ihn umgebracht. Gerade ihr! Schlimmer noch als umgebracht, ihr habt ihn verurteilt, ausgestoßen und dann verbrannt!“
„Wir haben ihn aber auch zur Heiligen erhöht!“
„Sagen Sie lieber: Gott hat es so gewollt. Und wenn er diesen Soldaten so hoch erhoben hat, dann eben deshalb, weil es der letzte war. Der letzte eines so edeln Geschlechts konnte nur ein Heiliger sein. Und Gott hat sogar gewollt, dass es eine Heilige war. „

Januar 29, 2015   No Comments

Georges Bernanos: Tagebuch eines Landpfarrers (Auszug 1)

>>Unsere Geschlechter hatten das Rittertum im Blut, die Kirche brauchte es nur zu segnen. Sie waren eben Soldaten, nichts als Soldaten, Soldaten, wie sie die Welt nie wieder gesehen hat. Sie waren Beschützer des Staates und nicht dessen Diener, sie standen auf gleichem Fuß mit ihm. Die höchste Verkörperung des Soldatentums der Vergangenheit, die des Soldaten am Pflug im alten Rom, haben sie gewissermaßen gestrichen. O gewiss, aus der Geschichte waren sie nicht alle gerecht noch sittenrein. Nichtsdestoweniger verkörperten sie eine Gerechtigkeit, eine Art von Gerechtigkeit, an die sich seit Jahrhunderten das Leid der Elenden klammert und die manchmal deren Traum erfüllen. Denn schließlich ist die Gerechtigkeit in der Hand der Mächtigen nur ein Werkzeug, um zu regieren, wie irgendein anderes auch. Warum nennt man sie Gerechtigkeit? Sagen wir eher Ungerechtigkeit, aber eine berechnete, leistungsfähige Ungerechtigkeit, die gan und gar auf der schreckenerregenden Erfahrung von der Widerstandskraft des Schwachen aufgebaut ist, auf seiner Fähigkeit zu leiden, Demütigung und Unglück zu ertragen. Es ist eine genau auf jenem Spannungsgrad gehaltene Ungerechtigkeit, wie man ihn nötig hat, um das Räderwerk der riesigen, die reichen Leute herstellende Maschine in Gang zu halten, ohne dass der Kessel platzt. Und da verbreitete sich eines Tags über die ganze Christenheit das Gerücht, eine Art von Polizeitruppe des Herrn Jesus Christus sei im Entstehn begriffen … Ein bloßes Gerücht, was ist das schon, zugegeben. Aber sehn Sie: sobald man an den fabelhaften, anhaltenden Erfolg eines Buches wie Don Quijote denkt, kann man nicht umhin zu begreifen: Wenn sich die Menschheit durch Lachen für die Enttäuschung ihrer großen Hoffnung immer noch rächt, so deshalb, weil sie sie lange genug gehegt, weil sie sie tief im Herzen getragen hat. Sie haben das Unrecht wieder gutgemacht, mit ihren eisernen Fäusten haben sie es getan. Ihr könnt nun sagen, was ihr wollt: Die da schlugen mit gewaltigen schweren Hieben drein – mit den gewaltigen Hieben haben sie in unsere Gewissen eine Bresche geschlagen. Wie viele Frauen bezahlen heute noch einen hohen Preis für das Recht, die Namen jener Männer zu tragen, die armen Soldatennamen. Und die einstmals von irgendeinem ungeschickten Handwerker auf ihre Schilde gemalten kindlichen Wappenzeichen sind nun der Traum der reichen Herren von Kohlengruben, Erzhütten und Stahlwerken. Finden Sie das nicht spaßig?“ >>

Januar 29, 2015   No Comments

Botschaft von Papst Franziskus zur Fastenzeit 2015 – Auszüge

1. „Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1 Kor 12,26) – Die Kirche

>> …
Die Kirche ist communio sanctorum, weil die Heiligen an ihr teilhaben, aber auch weil sie Gemeinschaft an heiligen Dingen ist: an der Liebe Gottes, die in Christus offenbar geworden ist, und an allen seinen Gaben. Zu diesen gehört auch die Antwort derer, die sich von dieser Liebe erreichen lassen. In dieser Gemeinschaft der Heiligen und der Teilhabe am Heiligen besitzt keiner etwas nur für sich, sondern was er hat, ist für alle. Und weil wir in Gott verbunden sind, können wir auch etwas für die Fernen und diejenigen tun, die wir aus eigener Kraft niemals erreichen könnten, denn mit ihnen und für sie beten wir zu Gott, damit wir uns alle seinem Heilswirken öffnen.

2. „Wo ist dein Bruder?“ (Gen 4,9) – Die Gemeinden und die Gemeinschaften

Um das, was Gott uns schenkt, empfangen und vollkommen fruchtbar machen zu können, müssen wir die Grenzen der sichtbaren Kirche in zwei Richtungen überschreiten.

Zum einen, indem wir uns betend mit der Kirche des Himmels verbinden. Wenn die irdische Kirche betet, entsteht eine Gemeinschaft des gegenseitigen Dienstes und des Guten, die bis zum Angesicht Gottes reicht. Mit den Heiligen, die ihre Fülle in Gott gefunden haben, bilden wir einen Teil jenes Miteinanders, in dem die Gleichgültigkeit durch die Liebe überwunden ist. Die Kirche des Himmels ist nicht triumphierend, weil sie sich von den Leiden der Welt abgewandt hat und sich ungestört der Freude hingibt. Vielmehr können die Heiligen schon sehen und sich darüber freuen, dass sie mit dem Tod und der Auferstehung Jesu die Gleichgültigkeit, die Hartherzigkeit und den Hass ein für alle Mal überwunden haben. Solange dieser Sieg der Liebe nicht die ganze Welt durchdrungen hat, sind die Heiligen noch mit uns als Pilger unterwegs. In der Überzeugung, dass die Freude im Himmel über den Sieg der gekreuzigten Liebe nicht vollkommen ist, solange auch nur ein Mensch auf der Erde leidet und stöhnt, schrieb die heilige Kirchenlehrerin Terese von Lisieux: „Ich rechne bestimmt damit, im Himmel nicht untätig zu bleiben. Mein Wunsch ist, weiter für die Kirche und die Seelen zu arbeiten“ (Brief Nr. 254 vom 14. Juli 1897).

3. „Macht euer Herz stark“ (Jak 5,8) – Der einzelne Gläubige

Deswegen, liebe Brüder und Schwestern, möchte ich mit euch in dieser österlichen Bußzeit Christus bitten: „Fac cor nostrum secundum cor tuum – Bilde unser Herz nach deinem Herzen“ (Gebetsruf aus der Herz-Jesu-Litanei). Dann werden wir ein starkes und barmherziges, waches und großmütiges Herz haben, das sich nicht in sich selbst verschließt und nicht in den Schwindel der Globalisierung der Gleichgültigkeit verfällt. …

Ganzer Wortlaut hier auf kath.net

Januar 27, 2015   No Comments

Sidonius Apollinaris: Über die fränkischen Krieger

Auch dieser (Maioranus) bezwingt Ungeheuer; denen hängt das Haar, vom rötlichen Haupt herniedergezogen, in die Stirn, und der entblößte Nacken glänzt durch das Fehlen von Haaren; es schillern wasserblaue Augen in hellem Glanz, und da sie im Gesicht ganz rasiert sind, durchpflügen sie, statt eines Bartes, nur die dünnen Scheitelhaare mit dem Kamm. Ein genähtes Gewand umspannt eng die gewaltigen Glieder der Männer, da die Kleidung hoch getragen wird, bleibt ihnen das Knie frei. Ein breiter Gurt umspannt den schlanken Leib. Die schnellen Äxte aus weiter Entfernung zu werfen und zuvor den Ort des Einschlags zu wissen, auch die Schilde kreisen zu lassen, ist ihnen ein Spaß, ebenso, geschleuderten Speeren im Sprung zuvorzukommen und ehen an den Feind zu gelangen. Schon im Knabenalter reift die Lust am Krieg. Geraten sie einmal in einen Nachteil, sei es durch Minderzahl, sei es durch Ungunst des Geländes, über der Tod sie, nicht die Furcht; unbesiegbar halten sie stand, und ihr Mut überlebt beinahe noch ihren letzten Atemzug.

Sidonius Apollinaris, carm. 5 v 238-253

Januar 22, 2015   No Comments