Buchvorstellung Sally Reads „Annunciation. A Call to Faith in a Broken World“
Sally Read ist den Leserinnen und Lesern des „Vatican-Magazins“ bereits vertraut, seit ich anlässlich der Neuerscheinung ihrer Konversionsgeschichte „Night’s Bright Darkness“ im renommierten Verlag Ignatius Press, leider nur in englischer Fassung vorliegend, vor zwei Jahren ein Porträt von ihr mit Zitaten aus ihrem Buch verfasst hatte. Der Zugang zu ihrer Person und Persönlichkeit fiel mir leicht, da ich selbst Konvertitin bin und genau wie Sally auch als Expat – sie als britische, ich als deutsche Staatsbürgerin – in Mittelitalien lebe.
Nicht nur in meiner Eigenschaft als studierte Literaturwissenschaftlerin war ich fasziniert von ihrem hochpoetischen, dennoch leicht lesbaren, Erzählstil, die Fülle der Bilder, die sie mit Worten zu malen wusste – darunter auch, wenn sie von ihren Patienten erzählte, dramatische und verstörende. Kein Wunder, denn Read ist eine preisgekrönte, leidenschaftliche Dichterin und in ihrem ersten Buch finden sich bemerkenswerte Gedanken in Bezug auf Kunst und Schöpfung aus ihrer Zeit als Atheistin: „Künstler seien die wahren Schöpfer und Erlöser, die sich und ihren Themen Schönheit, Bedeutung, Unsterblichkeit schenkten; ich war abgöttisch mit der Poesie, indem ich sie als Weg der Erlösung, als Rettung vor der Trümmerhalde der Sterblichkeit sah. Der Glaube an Gott müsse dieselbe Motivation haben, dachte ich, nur dass es eben keinen Gott gab, sondern die Menschen Tod und Vergänglichkeit nicht hinnehmen konnten. Natürlich habe ich damals noch nicht erkannt, dass hinter mir, der Mutter und Schriftstellerin, da dieser höchsten Schöpfer und Dichter stand, und ich nur versuchte, Ihn zu imitieren.“ Später wird sie einmal sagen können: „Gott ist der Dichter aller Dinge“.
Die Geschichte ihrer Konversion ist außerordentlich und lesenswert. Doch an dieser Stelle wollen wir auf ihr neuestes Buch eingehen, das zweifelsfrei beweist, dass diese Geschichte eben noch nicht zu Ende geschrieben worden ist. Wir reden jetzt von „Annunciation. A Call to Faith in a Broken World.“ Sally hat es für ihre Tochter geschrieben die vor ihrer Erstkommunion stand und ernsthafte Glaubenszweifel äußerte – darum auch die ungewöhnliche Anrede für den Leser in der Du-Form. Eben einen „Aufruf zum Glauben in einer gefallenen Welt“. Sie teilt mit ihr Erinnerungen und knüpft an die gemeinsamen Erlebnisse in England und Sardinien, den Ländern, in denen sie mit ihrem Töchterchen Celia Flo die jeweiligen Großeltern besucht, Reflektionen zum christlichen Glauben. In England etwa besuchen sie gemeinsam eine sehr alte Kirche, die jedoch nach der Spaltung anglikanisch wurde. Man hat dort „mit chirurgischer Präzision“ alle Bilder und Statuen entfernt. Hinter dem Altar stehen jetzt lediglich noch die Zehn Gebote an die Wand geschrieben. Die Abwesenheit des Tabernakels mit dem Allerheiligsten darin empfindet Read überdeutlich, als sie versucht, für die verstorbenen Äbtissinnen in den Jahrhunderten vor der Spaltung zu beten: „We would kneel at the long wooden altar rail close to where nuns five hundred years before would have knelt each morning and we would pray for them. But there is no tabernacle. I would feel as if I were praying on the tundra. There is a terrible, chilly absence, an eternal Holy Saturday.“ Das Zitat findet sich im ersten Kapitel ihres Buches, das mit dem Vers aus Lukas 1, 28 übertitelt ist: „Und der Engel trat bei ihr ein“ – „And he came to her“.
Die vier weiteren Kapitel reflektieren und meditieren ebenfalls aus die Verkündigung aus dem Lukasevangelium – „Do not be afraid“, „Behold I am the handmaid of the Lord“, „Let it be to me according to your word“ und als Schlusskapitel folglich „And the angel departed from her“. Zu jedem dieser Verse gehört ein kleines Kapitel mit Reflektionen, Metaphern, Gedanken und geistlicher Ermutigung zu den Themen Glaube, Wer bin ich?, Von Ihm gerufen, warum wir glauben, das „Fiat“ jeder Mutter, mit teils sehr persönlichen Eingeständnissen und Aussagen, die dem Leser zeigen: Sally Read ist keine abgehobene Frömmlerin, sondern sie hat für sich selbst schon sehr viele, durchaus verstörende Situationen durchleben müssen, die ihr trotzdem, oder dennoch, oder außerdem die Kraft gegeben haben, zum Glaube zu kommen, am Glauben festzuhalten.
Dabei bewegt sie sich mit ihren wunderbar poetisch-literarischen Reflektionen und Einsichten auf stabilem Grund, wenn sie immer wieder, aber mit äußerst sparsamen Fußnoten, Referenzen und Bezüge setzt auf Ratzinger, Von Balthasar oder auch Juliana von Norwich und Caterina von Siena.
Und immer wieder fällt auf, dass sie – bewusst oder unbewusst – aus einer sehr weiblichen Perspektive schreibt, die sie offenbar umarmt, annimmt und in ihre Reflektionen über den Glauben erfrischend selbstverständlich einbaut. Dennoch ist „Annunciation“ eher kein Mutter-Tochter-Buch geworden, obwohl der Impuls ursprünglich daraus entstand, zweifelnden kleinen Tochter, die vor der Erstkommunion stand, einen langen Brief zu schreiben.
Dem Buch und uns allen ist es zu wünschen, dass es einen deutschen Verlag findet. In der Zwischenzeit sei allen deutschsprachigen Katholiken, die einigermaßen gut die englische Sprache lesen und verstehen können, das englische Original ans Herz gelegt.
Sally Read: Annunciation. A Call to Faith in a Broken World.
Ignatius Press, San Francisco 2019
ISBN 978-1-62164-302-9
Foto by Dino Ignani
Oktober 7, 2019 No Comments
Heute in der Post: Sally Reads „Annunciation. A Call To Faith in a Broken World“
Besprechung folgt.
August 16, 2019 No Comments
Sally Read: Annunciation. A Call to Faith in a Broken World
Sally Read ist eine Konvertitin zum katholischen Glauben, die in der Nähe von Rom mit ihrem italienischen Ehemann lebt.
Für das Vatican-Magazin Ausgabe Oktober 2017 hatte ich sie porträtiert und über ihr Buch „Night’s Bright Darkness“ geschrieben, in dem sie ihre lange Reise zum katholischen Glauben beschreibt.
Sie ist eine exzellente Autorin und preisgekrönte Dichterin und ich freue mich sehr, dass nun beim renommierten Verlag Ignatius Press ihr jüngstes Buch erschienen ist:
>>Sally Read converted from atheism to Catholicism when her daughter, Flo, was only four years old, but it did not take long for the child to become aware that many friends and relatives did not share her mother’s newfound faith. This consciousness of „two worlds“ led to a great many doubts in Flo, and some rebellion. Two nights before her First Communion she suddenly questioned whether she should receive the Eucharist.
Sensing the precarious nature of faith in an overwhelmingly secular world, Read began writing down the compelling reasons for holding on to both God and Church. Taking the Annunciation as her template, she explored common experiences of the spiritual life as she meditated on each part of the story recorded in the Gospel of Luke.
Drawing on Scripture, the saints, and the lives of people she has known personally or professionally as a nurse, Read shows how God is with us always—even in suffering, spiritual dryness, and depression. Although inspired by a mother’s loving response to a daughter, this book will speak to any believer engaged in the bliss and the bewilderment of a relationship with God.<<
August 3, 2019 No Comments