Journalistin und Autorin

Random header image... Refresh for more!

Posts from — Mai 2020

Best of Spe Salvi I

>>Im 11. Kapitel des Hebräerbriefes (Vers 1) findet sich eine Definition des Glaubens, die ihn eng mit der Hoffnung verwebt. Um das zentrale Wort dieses Satzes ist seit der Reformation ein Streit der Ausleger entstanden, in dem sich in jüngster Zeit wieder der Ausweg auf ein gemeinsames Verstehen hin zu öffnen scheint. Ich lasse dieses Zentralwort zunächst unübersetzt. Dann lautet der Satz: „Glaube ist Hypostase dessen, was man hofft; der Beweis von Dingen, die man nicht sieht.“
Für die Väter und Theologen des Mittelalters war klar, dass das griechische Wort hypostasis im Lateinischen mit substantia zu übersetzen war […] der Glaube ist die „Substanz“ der Dinge, die man erhofft; Beweis für nichts Sichtbares. […] Der Begriff der Substanz ist also dahin modifiziert, dass in uns durch den Glauben anfanghaft, im Keim könnten wir sagen – also der „Substanz“ nach – das schon da ist, worauf wir hoffen: das ganze, das wirkliche Leben. Und eben weil die Sache selbst schon da ist, schafft diese Gegenwart des Kommenden auch Gewissheit: Dies Kommende ist noch nicht in der äußeren Welt zu sehen (es „erscheint“ nicht), aber dadurch, dass wir es in uns als beginnende und dynamische Wirklichkeit tragen, entsteht schon jetzt Einsicht.
Luther, dem der Hebräerbrief an sich nicht besonders sympathisch war, konnte mit dem Begriff Substanz im Zusammenhang seiner Sicht vom Glauben nichts anfangen. Er hat daher das Wort Hypostase/Substanz nicht im objektiven Sinn (anwesende Realität in uns), sondern im subjektiven Sinn, als Ausdruck einer Haltung verstanden und dann natürlich auch das Wort argumentum als Haltung des Subjekts verstehen müssen. Diese Auslegung hat sich – jedenfalls in Deutschland – im 20. Jahrhundert auch in der katholischen Exegese durchgesetzt, so dass die von den Bischöfen gebilligte Einheitsübersetzung des Neuen Testamentes schreibt:“Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht.“ Das ist an sich nicht falsch, entspricht aber nicht dem Sinn des Textes, denn das verwendete griechische Wort (elenchos) hat nicht die subjektive Bedeutung von „Überzeugung“, sondern die objektive Wertigkeit von „Beweis“. […]
Der Glaube ist nicht nur ein persönliches Ausgreifen nach Kommendem, noch ganz und gar Ausständigem; er gibt uns etwas. Er gibt uns schon jetzt etwas von der erwarteten Wirklichkeit, und diese gegenwärtige Wirklichkeit ist es, die uns ein „Beweis“ für das noch nicht zu Sehende wird. Er zieht Zukunft in Gegenwart herein, so dass sie nicht mehr das reine Noch-nicht ist. Dass es diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen berührt, und so überschreitet sich Kommendes in Jetziges und Jetziges in Kommendes hinein. <<

Mai 29, 2020   No Comments

Zum Tag des heiligen Philip Neri – ein Artikel von mir aus PUR zum Jahr der Orden 2015

Er war Goethes Lieblingsheiliger und als Spaßvogel Gottes bekannt – Philipp Neri, geboren am 21. Juli 1515 in Florenz als Sohn eines Notars. Die Kirche feiert in diesem Jahr seinen 500. Geburtstag. Zahllose Anekdoten ranken sich um den humorvollen, äußerst beliebten „Heiligen der Freude“ und „Apostel Roms“, wie er noch genannt wird. Dorthin hatte es ihn im Alter von 18 Jahren zum Studium der Theologie und Philosophie gezogen. Vier Jahre später nimmt er sein apostolisches Wirken auf, er besucht Kranke und wird Mitglied der Bruderschaft „Gefährten der göttlichen Liebe“. Beim innigen Gebet in den Katakomben von San Sebastiano macht er eine umwälzende mystische Erfahrung: Der Geist Gottes senkt sich wie ein Feuerball herab und dringt in sein Herz ein, weitet seine Brust, lässt ihn fortan für den Heiligen Geist glühen. Tatsächlich fand man bei der Obduktion nach seinem Tod ein ungewöhnlich vergrößertes Herz in einem erweiterten Brustraum vor. Seine karitativen Tätigkeiten kommen vor allem Kranken und Rompilgern zu Gute, die zu dieser Zeit oftmals mittellos, krank und siech in den Hospitälern lagen. Eigentlich zieht es Philipp, wie so viele missionarisch begabte Männer dieser Zeit, nach Indien. Doch sein Beichtvater erklärt ihm frank und frei: „Dein Indien ist Rom“ und legt ihm nahe, sich zum Priester weihen zu lassen.
Bald fanden sich interessierte Laien, Beichtkinder und Messbesucher zu regelmäßigen Gebetstreffen auf seinem Zimmer zusammen – das erste Oratorium entsteht.
„Orare“ ist das lateinische Wort für beten, der Ort an dem gebetet wird, ist also das Oratorium. Doch nicht nur das gemeinschaftliche Beten, auch die gemeinsame Lektüre von geistlichen Schriften und den Austausch darüber steht im Mittelpunkt, denn das Buch, so Neri, sei der Weg des Heiligen Geistes. Neben den Heiligenviten, der Franziskus-Legende, die Gesänge des Jacopone da Todi wurden auch Katharina von Siena und Johannes Cassian gelesen und gemeinsam besprochen. Weiterhin gab es Vorträge zur Kirchengeschichte, natürlich Predigten und musikalische Beiträge von höchster Güte, die sich zu einer eigenen musikalischen Gattungsform herausbildeten, dem „Oratorio“. Schließlich fördert die Gemeinschaft auch das vierzigstündige Gebet sowie Tageswallfahrten zu den sieben Hauptkirchen Roms. Offizielle kirchliche Anerkennung erhält das Oratorium am 15. Juli 1575 durch Papst Gregor XIII., der durch eine Bulle die Kongregation des Oratoriums an der Kirche Santa Maria in Valicella errichtet.
Obwohl Neri gar nicht die Absicht hatte, eine Art Ordensgemeinschaft zu gründen oder gar Regeln zu verfassen, breiteten sich Idee und Lebensform des Oratoriums geführt vom Heiligen Geist immer weiter aus. Als Neri an Fronleichnam des Jahres 1595 stirbt, leben Laienbrüder, Kleriker und Priester in bereits weiteren sechs italienischen Städten nach dem Vorbild der römischen Gemeinschaft, das heißt, sie richten sich nach den evangelischen Räten, allerdings ohne Gelübde und weniger als ein Orden mit festen Regeln, sondern als eine Kongregation. Dabei ist jedes Haus eigenständig, der Obere, oder besser Hausvater, wird auf drei Jahre gewählt und „Präpositus“ genannt, diesem stehen vier Deputierte bei der Leitung der Gemeinschaft zur Seite.
Einzig gestützt auf die karge schriftliche Hinterlassenschaft des heiligen Philipp Neri – ein paar Briefe, wenige kurze Gebet und Notate zu geistlichen Maximen, leben die Oratorianer, zumeist Weltpriester, im Streben nach der Vervollkommung, wie es der Heilige lehrte: „Wichtig ist, dass wir heilig werden.“ Um dieses Ziel zu erreichen stützt man sich fest auf das Fundament des so genannten oratorianischen „Vierecks“, dessen Eckpfeiler die Demut, die Liebe, das Gebet und die Freude sind, welche die Mitte, die Vollkommenheit umschließen.
Der Heilige empfahl seinen Mitbrüdern Selbstkontrolle, Wohltätigkeit, vernünftige Askese und insbesondere beständigen Frohsinn. So schrieb er einmal an seine Nichte, eine Dominikanerin: „Freut Euch am gemeinsamen Leben, flieht jede Eigenartigkeit, erstrebt die Reinheit des Herzens, denn der Heilige Geist wohnt in denen, die rein und einfach sind, und er ist der Meister des Gebetes; er lässt uns in beständigem Frieden und beständiger Heiterkeit sein, die ein Vorgeschmack des Paradieses sind.“

Der wohl bekannteste Oratorianer ist sicherlich Kardinal John Henry Newman, der 1845 konvertierte und kurz danach das erste Oratorium in England, zunächst in Birmingham, später auch in London einführte. Newman wurde 2010 von Papst Benedikt XVI. selig gesprochen.
Das erste Oratorium in Deutschland begründete, vergleichsweise früh, Johannes Georg Seidenbusch im Jahre 1692 in Aufhausen bei Regensburg, dort etablierte sich gleichzeitig eine hoch frequentierte Wallfahrt.

Das Oratorium wird heute als Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts behandelt und konnte die Anzahl seiner Häuser seit 1934 bis heute fast verdoppeln. 2011 waren das 84 Häuser mit über 420 Priestern, fast 150 Diakonen, sowie Priesteramtskandidaten und Laienbrüdern. Oratorianer finden sich mittlerweile auf fast allen Kontinenten. Sie alle bemühen sich, dem heiligen Philipp Neri nachzufolgen, dessen vielleicht wichtigste spirtuelle Maxime lautet: „Der wahre Weg in den heiligen Tugenden Fortschritte zu machen, ist die Ausdauer im heiligen Frohsinn.“

Mai 26, 2020   No Comments

Neue Arbeiten von mir

Vergangene Woche erschien aktuell in der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ ein Stück von mir über die Initiative „Beten für Bischöfe“, die derzeit immer weitere Kreise zieht.

Im Vatican-Magazin Ausgabe Juni/Juli 2020 habe ich über das geistliche Paar David und Abigajil in der gleichnamigen Rubrik geschrieben. Außerdem wird ein Essay von mir kommen über Leo Graf Tolstoi und eine ganze Schule von Religionsphilosophen, die sich ihm entgegenstellten – allen voran der auch im Westen durch seine „Kurze Erzählung vom Antichristen“ gut bekannte Philosoph und Dichter Wladimir Solowjow [Solov’ev].
Update: Der Essay zu Tolstois Gegnern wird nun erst im Heft August-September 20 erscheinen.

Mai 23, 2020   No Comments

Loreto-Glocken in Prag spielen neues Lied

Prag-Reisenden ist das Glockenspiel der Loreto-Kirche auf dem Burgberg bestens bekannt und gut vertraut. Seit einhundert Jahren spielen die 27 Glocken zu jeder vollen Stunden „Tisickrát pozdravujeme tebe“ – Wir grüßen Dich eintausendmal, o Maria.
Das ist jetzt nicht mehr so.
Hinter dem melodiösen Zusammenspiel steckt ein komplizierter Mechanismus. Früher wurden die Melodien häufiger gewechselt, doch seit einhundert Jahren ist niemand mehr übrig, der den Mechanismus bedienen kann.

Die Maschine war dafür konstruiert, verschiedene Kompositionen zu spielen. Warum erklang aber nun mehr als 100 Jahre lang nur ein einziges Lied?

„All jene, die sich in dem Mechanismus auskannten, starben, und damit starb wahrscheinlich auch die Tradition aus. Wir wollen diese nun wiederbeleben.“

Erst jetzt hat es der Orgelspieler Radek Rejšek gewagt, in das Glockenspiel einzugreifen. Er musste die Walze in einzelne Leisten auseinandernehmen und die Stifte gemäß den Noten neu einsetzt.

Nun erklingt seit Mittwoch dieser Woche der Barockhymnus „Maria, Maria, über die Sonne strahlend“.
Mehr dazu mit Youtube-Video auf den deutschsprachigen Seiten von Radio Prag.

Mai 23, 2020   No Comments

Die heilige Rita von Cascia und ihr Gebetsfelsen

Die heilige Rita von Cascia gehört, was den Grad ihrer Verehrung betrifft, zu den Heiligen der Superlative. Aus ganz Europa, wie auch aus Übersee, strömen bis zu einer Million Pilger im Jahr in das Städtchen Cascia, hinter den sieben Bergen, den Monti Sibillini, im Südosten von Umbrien. Die Basilika von Cascia bewahrt Ritas unverweslichen Leichnam, gehüllt in die Ordenstracht der Augustinerinnen, auf. Ihr Glassarg wird von einem prächtigen Schrein ummantelt und von goldenen Engeln bewacht. Seine eigenwillige Gestaltung erinnert an die Schlafkapsel eines Raumschiffes, in dem Astronauten der Zukunft ihre jahrhundertelangen Reisen durch den interstellaren Raum überbrücken. Nur, dass die heilige Rita nicht den Landeanflug erwartet, sondern die Wiederkunft des Herrn

Die Basilika wurde 1937 direkt neben dem historischen Konvent erbaut, in dem heute noch etwa fünfzig Augustinerinnen leben und Reliquien wie Ritas Ehering und Rosenkranz aufbewahren. Dort kann man auch den bemalten Holzsarg besichtigen, in dem sie Mitte des 15. Jahrhunderts beigesetzt wurde. Als man ihn im Jahre 1627, im Zuge des Seligsprechungsverfahren unter Papst Urban VIII. öffnete, fand man ihren Körper nach mehr als 150 Jahren unversehrt – und das, obwohl Holz weitaus mehr Luft und Feuchtigkeit durchlässt, als etwa ein gemauerter Sarkophag. Nach der Umbettung in einen Glasschrein ging erst so richtig die Post ab: Augenzeugen berichteten, dass die heilige Rita ihre Augen öffnete und wieder schloss, sich umdrehte und einmal sogar zum Deckel ihres Sarges empor geschwebt sei.
Nicht weiter verwunderlich, immerhin war Rita schon zeit ihres Lebens eine Art katholisches Superwoman. Das fing schon in der Wiege an. Ein Schwarm Bienen soll sich auf dem Gesicht des kleinen Mädchens niedergelassen haben, ohne sie zu verletzen. Sie verspürte schon als Kind eine Berufung zum Ordensleben, wurde aber im Alter von 12 Jahren an einen brutalen Tyrann verheiratet, der sie psychisch und physisch misshandelte und dem sie zwei Söhne gebar. Mit heroischer Tapferkeit und Demut ertrug sie ihren gottlosen Mann und war dabei ein solches Vorbild an Frömmigkeit, dass sie es nach über zwanzig Jahren Ehe schaffte, ihn zu bekehren.
Gerade noch rechtzeitig, denn kurz darauf wurde er Opfer eines politisch motivierten Attentats. Als ihre beiden Söhne daraufhin eine Vendetta starten wollten, bat Rita Gott inständig, die beiden zu sich zu nehmen, bevor sie ihre Rachepläne durchführen und somit in große Sünde fallen könnten. Ihr Wunsch wurde erhört: Im Jahre 1402 starben auch noch ihre Söhne. Rita hätte jetzt ihrer Berufung folgen und in den Augustinerinnenkonvent von Cascia eintreten können. Doch die sagten Njet. Laut der Regel war die Aufnahme von Witwen nicht gestattet. Rita ließ nun ihre Beziehungen zur Gemeinschaft der Heiligen spielen, und es stellte sich heraus, dass es sogar enorm gute waren: Keine geringeren als Johannes der Täufer, Augustinus höchstpersönlich und Nikolaus von Tolentino – eine wahrhaft himmlische task force – schritten ein und transportierten sie mittels ihrer überirdischen Kräfte eines Nachts in die Kapelle des Konvents. Als die Schwestern in aller Herrgottsfrühe die – verschlossene! – Türe öffneten, staunten sie nicht schlecht. Und so kam es, dass Rita doch noch dort Aufnahme fand, endlich am Ziel ihres Lebens!

Geboren wurde sie um 1370 oder 1380 als Margherita Lotti-Mancini in Roccaporena, einem winzigen Gebirgsnest unweit von Cascia. Ihr Elternhaus ist erhalten und kann besichtigt werden, ebenso die Kirche, in der sie getauft und getraut wurde. Der spektakulärste von allen Orten, die mit der heiligen Rita in Verbindung stehen, ist aber sicher der „Scoglio della Preghiera“ – am Ortseingang erhebt sich ein etwa 120 Meter hoher, kegelförmiger Felsen, der von einer Steinschanze gekrönt wird, darüber wurde eine Kapelle errichtet. Zu Ritas Zeiten war der Weg, der sich in Serpentinen auf einer Seite des Felsens emporwindet, noch nicht ausgebaut. Pilger aus aller Welt haben gespendet, um den Pfad zu befestigen und einzufassen – ihre Namen mit Jahreszahlen sind auf den Simsen, die den Weg säumen, eingraviert. Das junge Mädchen, das sich so sehr nach einem Leben als Augustiner-Eremitin sehnte, hat sich oft auf den beschwerlichen Weg hinauf gemacht, ohne sicheren Halt für ihre Tritte und ohne das moderne, feste Schuhwerk, das wir heute kennen. Ganz oben, hoch über dem engen Tal, in dem sich die grauen Natursteinhäuschen von Roccaporena ducken, wird die junge Margherita Tage des Fastens und des Gebets verbracht haben – direkt unterhalb des Gebetsfelsens entspringt eine Quelle, die Versorgung mit herrlich frischem Wasser war sicher gestellt. Es ist ein ganz besonderer Ort, voller Majestät, den sie sehr geliebt haben muss.
Heute ist es erstaunlich zu sehen, mit welcher Zuversicht, Ausdauer und froher Gestimmtheit insbesondere ältere Menschen, Rentner, Greisinnen und Greise, Kranke und Behinderte diesen Aufstieg wagen, um oben auf dem eigentlichen Gebetsfelsen Rosen niederzulegen. Rita liebte diese Blumen und die Heiligenlegende erzählt, dass sie sich auf ihrem Krankenlager – es war tiefster Winter – einen Strauß frische Rosen gewünscht hat. Das Wunder geschah, eine Mitschwester fand frisch erblühte Rosen im Garten und brachte sie ihr. Seither weiht die Kirche am 22. Mai, ihrem Todestag, die „Rita-Rosen“, die insbesondere den Kranken aufgelegt werden, um Heilung zu bringen. Rita selbst litt 15 Jahren lang an einer Stirnwunde, die ihr, so ist überliefert, von einem Dorn aus der Dornenkrone Jesu zugefügt wurde. Im Kloster in Cascia ist das Fresko mit dem Gekreuzigten noch zu besichtigen, vor dem sie damals kniete und inständig bat, das Leiden des Herrn teilen zu dürfen.
Dabei war ihr eigenes Leben doch nicht gerade arm an Leid. Für ein einziges Frauenleben war das Maß schon reich bemessen: Erst unglücklich verheiratet, dann sterben Mann und Kinder, danach lebt sie nur noch für Gott ein Leben voller Buße und mystischen Erlebnissen.
Kurz vor ihrem Tod erhielt sie noch einmal eine großartige Vision, in der sie Jesus Christus zusammen mit der heiligen Gottesmutter schaute. Als sie starb, verbreitete sich paradiesischer Wohlgeruch im Konvent und die Glocken der Kirchen im Ort läuteten von selbst – wie von Engelshänden betätigt. Doch damals fing ihre Arbeit erst richtig an!
Besonders für Frauen ist die heilige Rita eine beliebte Ansprechpartnerin, war sie doch in ihrem Leben sowohl Ehefrau und Mutter als auch Nonne. Unangefochten ist ihr hoher Status als Heilige für aussichtslose Fälle, ungezählte Male konnte sie das Blatt für diejenigen wenden, die sie vertrauensvoll anriefen. Weil sich darunter vermutlich viele Autofahrer befanden, die in Italien unterwegs waren – jeder, der es selbst erlebt hat, weiß, was für ein aussichtsloser Fall der italienische Straßenverkehr ist – wurde sie auch noch die Patronin der Autofahrer in Italien. Heilige Rita von Cascia, bitt’ für uns!

(zuerst erschienen in Vatican-Magazin Mai 2011]

Mai 21, 2020   1 Comment

13. Mai – Gedenktag Unserer lieben Frau von Fatima

Im Jahre 2017 jährte sich die Erscheinung der Muttergottes in Fatima zum 100.Mal. Zu diesem Anlass schickte mich damals „Cicero – das politische Magazin aus Berlin“ für eine Reportage vor Ort. Sie erschien im Maiheft des Jahres.

Heute ist wieder Fatimatag im Jahre des Herrn 2020 und ich möchte gerne auf einen Livestream mit einer virtuellen Pilgertour in Fatima hinweisen. Er beginnt um 21 Uhr und wird auf der Facebookseite „Fatima the Movie“ zu sehen sein.

© Barbara Wenz: Fatima 17.3.2017

Mai 13, 2020   4 Comments

Im Prinzip finde ich diese Maskenpflicht

hinnehmbar. Jedenfalls vorläufig. Insbesondere, weil mir heute Abend, nur wenige Tage nach deren Einführung, eine Jacketkrone des Frontzahnes herausgefallen ist. An und für sich mögen manche Menschen mein besonderes Lächeln, wenn ich denn mal lächle. Aber das geht immer auch hoch zu den Augen. Wenn man die sieht, denn meist muss ich geschliffene Sonnenbrille tragen wegen meiner Augen.
Nun also sehe ich aus, wie ich mich fühle, nämlich wie Baba Jaga. Ich traue mich nicht einmal, mich selbst im Spiegel anzulächeln.
Aber ich kann ja morgen in der Öffentlichkeit Maske tragen. Und die Spiegel verhängen.

Mai 3, 2020   No Comments

Programmhinweis

Gestern Abend gegen 21.45 Uhr hatte ich das Glück, zufällig phoenix einzuschalten, das zu diesem Zeitpunkt eine der großartigsten Dokumentationen ausstrahlte, die ich jemals gesehen habe.
Es geht um die Belagerung der Stadt Leningrad durch die Wehrmacht ab Herbst 1941. Mir war grade nicht unbedingt nach Schlachtenszenen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, aber die Doku war rund um das entscheidende Ereignis aufgebaut: Die Leningrader Premiere der grandiosen „Siebten“ von Dimitri Schostakowitsch, die auch die „Leningrader Sinfonie“ genannt wird. Gespielt von halb verhungerten Musikern, ein Stück, für das es 60 professionelle Konzertmusiker gebraucht hätte, und das von dem Dirigenten Karl Eliasberg mithilfe von ehemaligen Militärmusikern und Amateuren einstudiert wurde, mit der Wildheit der Verzweiflung und zum Teil fast unmenschlicher Disziplin.
In einer völlig verzweifelten Situation, mit verängstigten und trauernden Musikern, die größtenteils gerade einen Angehörigen oder mehrere verloren hatten, gelang dem heute in Vergessenheit geratenen Eliasberg das scheinbar Unmögliche:
Am 9. August 1942 wurde das Werk in der belagerten Stadt aufgeführt, nachdem die vollständige Partitur aus Samara, wohin Schostakowitsch gebracht worden war, von einem Militärflieger in die Stadt Peters des Großen eingeflogen worden war.
Es ist eine Begebenheit, die mich schon als Teenager zutiefst beeindruckt hat und es ist womöglich diese Begebenheit, die in mir den Wunsch weckte, Russisch zu lernen und Slawistik zu studieren.

„Das Wunder von Leningrad“ beinhaltet Originaltöne von Überlebenden der Blockade, es zeigt nie gesehene Archivaufnahmen aus der belagerten Stadt, es zeigt dokumentarische Spielszenen, zitiert aus Aufzeichnungen und Tagebüchern, der ganze Aufbau ist in sich schon äußerst abwechslungsreich – und die Persönlichkeiten, die in den Szenen dargestellt werden, hat es wirklich gegeben. Für die deutsche Seite steht da der Offizier Wolfgang Buff, der mehr und mehr an der Brutalität und Sinnlosigkeit der Ostfront zu zweifeln beginnt und akribisch genau Tagebuch führte, ein Tagebuch, das sein Bruder heute noch aufbewahrt. Buff war Christ.
Als er eines Tages beim Dauerlauf durch ein Dorf vor Leningrad einem alten russischen Bauern begegnet, der sich an einem gefrorenen Pferdekadaver zu schaffen macht, zeichnet er – der kein Russisch kann, der Alte signalisiert ihm per Zeichensprache, dass er Essen braucht und deshalb das Pferd zerlegt – zeichnet er mit einem Zweig das Zeichen des Fisches in den Schnee. „Christ! Christ!“ wiederholt er, um dem Alten seine Furcht zu nehmen. Der bekreuzigt sich langsam nach Art der Orthodoxen, faltet die Hände und spricht ein stummes Gebet für diesen Feind, der ein Christ ist wie er selbst.

Ich bin immer noch völlig hingerissen von diesem Doku-Drama der besonderen Art, einem wahren Meisterwerk.

Es wird heute Abend um 18.30 Uhr nochmals auf phoenix ausgestrahlt und am 4. Mai dann nochmals um 4.30 Uhr.
Wer da keine Zeit hat, es lohnt sich wirklich, diese Dokumentation aufzuzeichnen.

Mai 3, 2020   No Comments

Freudentränen

Ich sitze gerade hier und weine vor Freude, und nein, ich übertreibe nicht, obwohl die Hyperbel mein Lieblingsstilmittel ist.

In meiner deutschen Gemeinde hier wird am Sonntag wieder heilige Messe gefeiert werden, natürlich mit Auflagen und Vorschriften, aber egal. Ich bin so glücklich und auch das ist keine Hyperbel, denn ich schaffte es ab und zu eben nicht, meine Sonntagsvorschrift zu erfüllen. Das ist nicht gut und muss anders sein. In dieser Zeit habe ich schmerzlich erfahren, was mir fehlt und eben hin und wieder doch nur eine Pflicht war, die ich zu erfüllen hatte.

Nun wird mir erst bewusst, was zu meinem „normalen Leben“ einfach dazugehört, selbstverständlicherweise. Es ist ein Stück Rückeroberung und „schwänzen“ werde ich mir in Zukunft nicht mehr erlauben. Am meisten aber sehne ich mich auch nach der Möglichkeit, wieder beichten zu können.
Eine alte Freundin, die mit mir studiert hatte, habe ich neulich mal wieder angerufen. Sie mag das Thema katholische Kirche ganz und gar nicht, aber ich habe mich extra bei ihr bedankt, dass sie gleich zu Beginn des Telefonats danach fragte, wie es denn ginge mit Ostern ohne Gottesdienste.

Mai 1, 2020   No Comments

Wenn Fra Aquilino anruft

Mein Kollege Alfred Sobel, einigen vielleicht gut bekannt durch sein Buch „Gute Ehen werden in der Hölle geschlossen“ über den Pirmasenser Dadaisten Hugo Ball und seine Frau Emmy Hennings, erschienen im Fe-Medien-Verlag 2015, hat kürzlich in der Münchner Kirchenzeitung vom 26. April 2020 einen bewegenden Artikel veröffentlicht, der möglicherweise einmal als ein wichtiges Zeugnis aus der Zeit der Corona-Krise gewertet werden wird.

Er hatte eine Zeitungsnotiz aus Bergamo gelesen, wonach ein alter Franziskanermönch namens Fra Aquilino tatsächlich Angehörige der am Virus verstorbenen alten Menschen anruft, bevor diese ohne Begräbnis verbrannt werden. Fra Aquilino legt sein Smartphone auf den Sarg und ermutigt die Angehörigen, noch einmal mit ihren lieben Toten zu sprechen, versichert ihnen, dass sie Gehör finden und betet nachher gemeinsam noch ein Vaterunser oder ein Ave Maria, immer telefonisch. Sobel hat daraus einen Dialog mit einer Enkelin gestaltet, der Teil eines Hörspiels sein wird.

Sobel hat diesen Artikel all jenen gewidmet, die in dieser Zeit ihr Leben für andere einsetzen.
Eine gute Sache.

Zu Hugo Ball noch folgendes Zitat aus dem Jahre 1920 – er war ja Konvertit:
„Es gibt nur eine Macht, die der auflösenden Tradition gewachsen ist: den Katholizismus. Aber nicht der Katholizismus der Vorkriegszeit und der Kriegsjahre, sondern ein neuer, vertiefter, ein integraler Katholizismus, der sich nicht einschüchtern läßt; der die Interessen verachtet; der den Satan kennt und die Rechte verteidigt, koste es, was es wolle.“

Mai 1, 2020   No Comments