Journalistin und Autorin

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Posts from — April 2016

С Праздником!

Die russisch-orthodoxe Kirche feiert, wie auch die anderen orthodoxen Kirchen an diesem Sonntag Palmsonntag, also den Einzug des Herrn in Jerusalem.

Allen orthodoxen Geschwistern eine gesegnete Karwoche!

April 24, 2016   No Comments

Zu Gast bei den Trappistinnen in Kloster Gethsemani

Tiefe Nacht über dem pfälzischen Donnersberg. Es ist noch Winter, ganz in der Frühe, vor drei Uhr. Die Bäume auf dem Gelände des Klosters Gethsemani sind ohne Blätter und geben den Blick in die weite Ebene frei. Früher gab es wenige Lichter dort, doch in den Jahren sind mehr hinzugekommen. Am Alarmierendsten erscheinen die roten Positionslichter der Windräder, die sich nun wie eine feindliche Wand formieren. Oder ist diese Wand gar nicht feindlich, sondern imitiert lediglich das rote Licht, welches ohne zu ermüden vor dem Allerheiligsten im Oratorium brennt? Es ist dunkle Nacht, die Sonne denkt noch nicht daran aufzugehen. Unten im Tal glühen die Lichter der Menschen. Positionslichter der Gier oder der Nachhaltigkeit? Womöglich gibt es einen Tag, an dem all dies zerfällt. Doch der seit Jahrhunderten von Sagen umwobene Donnersberg wird bestehen bleiben. Er ist ein Ort des Heils – die Trappistinnen haben dort ein ehemaliges Sanatorium für lungenkranke Kinder übernehmen dürfen. Ihr Oratorium ist sparsam geschmückt mit einer Pieta und einem Kreuz. Und vielen Kerzen. Mitten in der Nacht, während unten im Tal die ambivalenten roten Positionslichter glühen, brennt hier vor dem Allerheiligsten eine schlichte Kerze. Es duftet nach Weihrauch, nach Kerzenwachs und Honig. Sieben Schwestern sitzen in ihren Chormänteln, deren Ärmel fast bis zum Boden reichen, denn nach der Tradition sollen ihre Hände wie Engelshände beim Beten bedeckt sein. Vor der Pieta glimmen die Kerzen. Draußen, vor dem Fenster, hat sich ein leiser Schneefall erhoben. Er wird sich zu einem kleinen Sturm auswachsen – am Berg gehen die Wetter entlang. Und drinnen, in diesem duftenden Gehäuse der Geborgenheit, sitzen die Schwestern in vollkommener Stille und halten Nachtwache.
Für uns moderne Menschen ein schwer verständliches Opfer – auch die Schwestern wissen, dass es eine besondere Härte ist, der sie sich unterziehen und sie versichern Besuchern, diese müssten bestimmt nicht um drei Uhr nachts zur Wache erscheinen. Doch warum sollte jemand einen der strengsten Orden besuchen, wenn er sich diesem seelischen Abenteuer nicht aussetzen möchte? Eine Dreiviertelstunde lang für den Herrn – eine Ölbergstunde in der Nacht, wenn sie am finstersten ist. Jeder sollte das einmal mitgemacht haben. Die Schwestern beten in aller Stille für Menschen, die nicht schlafen dürfen zu dieser Stunde, weil sie arbeiten müssen. Für Menschen, die nicht schlafen können, weil sie psychische Probleme haben oder erkrankt sind. Schließlich beten sie auch für Kranke, für Sterbende. Denn alle Kulturen wussten und wissen, dass in dieser Zeit, von drei bis vier Uhr nachts, die Stunde des Ölbergs ist. Nicht nur Jesus hat gewacht. Sieche und Moribunde hauchen insbesondere um diese Zeit ihr Leben aus, gehen hinüber. Die Schwestern bedenken dies schweigend, tragen diese Anliegen und die Anliegen der Angehörigen vor Gott.
Doch in erster Linie sind sie zuhause am Donnersberg, ihrem Ölberg. Wo sie versuchen, Jesus zu begleiten, der in die höchste menschliche Not geraten ist, die man sich denken kann. Wo in einem wunderschönen Olivenhain einst seine Schweißtropfen wie Blut zur Erde fielen. Wo Gott in der menschlichen Natur, die er angenommen hatte, Todesangst und Leid und Furcht ausstehen musste, ohne, dass ihm jemand beistand.
Man wird durch das stille Gebet der Schwestern in alles hineingenommen, während unten im Tal sich die Windräder drehen. Die Mutter Oberin rät mir freundlich, dass es am besten wäre, nach der Vigil, die sich an die stille Nachtwache anschließt, und von so gut wie keinem Orden mehr in der Kirche gebetet wird, ins Bett zu legen. Ich könne schließlich um 7 Uhr zur Laudes mit anschließender Frühmesse gut wieder aufstehen. Die Schwestern ihrerseits halten lectio divina, und tatsächlich merke ich, wie der Geist rege geworden ist durch das anhaltende Stille Gebet und die anschließende Vigil. Ich sollte die Heilige Schrift lesen, jetzt, wie die Schwestern alle auch. Aber letztlich siegt meine Trägheit.

Als ich pünktlich zur Laudes kurz vor Sieben wieder aufstehe, ist die Welt wie verzaubert. Es gab noch mehr Schnee. Ich stapfe zum Oratorium und beobachte durch dessen Fenster die vielen Vögel, die sich draußen im Garten an den Futterstellen versammeln.
Die Frühmesse ist erfrischend und erfreulich schlicht, und gleich danach bekomme ich das, wonach ich schon seit Stunden lechze: Eine Kanne Kaffee, Brot, Käse, Marmelade, alles hausgemacht. Darüber versäume ich die Terz. Doch die Mutter Oberin hat mir einen Gesprächstermin eingeräumt, und so verweilen wir uns bei den schönen Dingen: Den Paramenten, den Stickereien, den vielen schönen Kleinigkeiten, die hier hergestellt werden. Ich bin beeindruckt. Besonders, als mir die Mutter Oberin eine Werkstatt zeigt, in der uralte Devotionsfahnen per Hand restauriert werden. Die Schwester, die damit zugange ist, erklärt mir: Diese Gemeinde kenne ich persönlich, so ist es noch leichter, während der Arbeit für alle zu beten.
Als ich heimfahre, ist der Schnee weggetaut, was ein Glück ist. In meiner ersten Nacht zuhause erwache ich kurz vor Drei und will aufstehen. Rechtzeitig fällt mir ein, dass ich nicht mehr in Gethsemani bin. Ich sende einen guten Gedanken an meine Schwestern, die Trappistinnen. Dann drehe ich mich in der Gewissheit wieder um, dass sie wachend und hellhörig sind und für mich, für uns alle und für die ganze unruhig und unruhevoll sich drehende Welt mitbeten.

April 2, 2016   No Comments