Journalistin und Autorin

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Die weltbeste Friseurin

Ich bin nun schon seit über zehn Jahren Stammkundin bei Roberta. Sie ist nachweislich die einzige, die mit meinen kapriziösen Haaren umgehen kann. Außerdem hat sie eine wunderbar rauchige Stimme und ein sehr tiefes Lachen. Sie selbst ist weder aufwendig frisiert noch gepierct oder sonstwas. Gott sei dank.
Jedesmal, wenn ich den Fehler mache, und denke, ich könne ja zwischendurch auch mal in Germania zur Friseurin gehen, komme ich von dort raus und könnte eine Atombombe werfen.
Genau in dieser Stimmung komme ich dann zu Hause bei Roberta in Italien an. Sie weiß das genau. Und deshalb gehört zu unserem gemeinsamen Ritual, dass ich nach Betreten ihres Studios nur ganz knapp grüße mit einem kurz angebundenen „Wie gehts?“, das sie sparsam beantwortet, denn sie weiß genau, ich brauche jetzt Raum und Luft für das Damengambit.
„Questo e‘ la frutta degli mestieri tedeschi!!!“ – Ich reiße an meinen missratenen Haaren herum. Roberta lacht ihr heiseres Lachen.
„Die wissen nix, die können gar nichts!“, fahre ich fort und dann sprudelt es aus mir heraus. Wochenlanger Frust über einen total versauten Haarschnitt. Es ist unglaublich. Ich habe mich aber vorbereitet, schwierigere Ausdrücke, Fachausdrücke, bereits vorher nachgeschlagen und auswendig gelernt. „Keine Fasson! Kein Profil! Kein Charme! Keine Liebe! Kein Pfiff und kein Kunsthandwerk! Schlicht einfach nur: Ich sehe aus wie eine IRRE! Die haben mich um Jahre altern lassen! Das ist SO unglaublich!“ Ich hatte mich schon tagelang auf diese Eröffnung gefreut.
Roberta weiß natürlich, was sie zu tun hat. Sie examiniert den elenden verbliebenen Rest meines Haupthaars, wiegt ihren Kopf, denkt laut vor sich hin, geht eine rauchen, kehrt wieder zurück.
Jetzt ist es Zeit, sie massiv zu ermutigen: „Du weißt, was du tust. Ich setze mein volles Vertrauen in dich!“
Und Roberta, diese Göttin, beginnt, aus dem kläglichen, in Deutschland komplett verschnittenen Rest meiner Haupthaare, eine Frisur für eine Diva zu schnippeln und zu stylen. Sie schneidet dermaßen sorgfältig, dass ich genau weiß, der Schnitt sitzt sogar noch in zwei Monaten richtig schick und klasse.
Sie hat in Paris gelernt.
Das ist aber keine Entschuldigung für diese deutschen Friseurinnen, die mir noch den Totalverschnitt damit erklären, dass sie ja DIE FRISUR hätten aufbauen müssen und zwar von Grund auf, ohne irgendeinen Plan zu meinen Wirbeln und Locken.
Und nein, ich gebe die Telefonnummer von Roberta nicht raus.

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